Dortmund-Ems-Kanal-Route – Vom Ruhrpott bis an die Nordsee

Die Telefone klingeln aus allen Ecken des Büros, das Stimmenwirrwarr überflutet nicht nur den Raum, sondern auch das Wahrnehmungsvermögen. Die Geduldsgrenze ist schon lange überschritten! Chefs, welche die Arbeitsleistung nicht zu schätzen wissen, sorgen für die ersten Magengeschwüre. Die positive Energie, die man mal in sich hatte, verpufft angesichts sinnloser Arbeiten. Es ist Zeit für einen Break! Egal ob Burnout oder Boreout, dem Alltag entfliehen heißt Abschalten, Kräfte sammeln und (wieder) zu sich selbst zu finden. Für alle, die sich den Kopf frei fahren müssen oder einfach eine schöne Tour fahren wollen, haben wir die DEK-Tour abgecheckt. DEK steht für Dortmund-Ems-Kanal – wir sind für euch von Dortmund nach Norddeich gefahren.

Wieso ausgerechnet die DEK-Route? Wieso als Startpunkt ausgerechnet Dortmund uns als Ziel die Nordsee? Fragen, die berechtigt, aber auch einfach zu beantworten sind. Da wir im Ruhrgebiet ansässig sind macht Dortmund als Startpunkt natürlich Sinn. Man kann natürlich die Tour erweitern, wenn man außerhalb von Dortmund startet, wie zum Beispiel mit der Einbindung des Rhein-Herne-Kanals. Die Nordsee wählten wir als Ziel, weil wir zum Meer wollten – ihr erinnert Euch – Stress! Das Meer soll ja bekanntlich sehr beruhigend wirken. Die DEK-Route führt direkt nach Norddeich und ist bestens ausgeschildert womit ein langes planen nicht nötig wurde. Ein weiterer Vorteil: Da die Route meistens direkt am Kanal entlang läuft, wird der Anteil der Straßenkilometer minimiert. Noch ein Vorteil dieser Tour: Auch technisch weniger versierte Radler können diese Tour bestreiten, wenngleich ein wenig Sitzfleisch und Ausdauer vorhanden sein sollten. Aufgrund der fehlenden Höhenmeter gilt diese Tour auch als Einstiegs-Mehrtages-Tour. Im Laufe der Tour kommen laut Routenbeschreibung 355 Kilometer zusammen, bei uns waren es durch Umleitungen, eine leichte Routenabweichung und Hotelsuche 405 Kilometer. Mit im Gepäck hatten wir die zwei bikeline Radtourenbücher „Ems-Radweg“ (ISBN 978-3-85000-041-3) und „Nordseeküsten-Radweg 2“ (ISBN 978-3-85000-054-3) aus dem Esterbauer Verlag. Aber Achtung! Man sollte auf keinen Fall den Ems-Radweg mit der DEK-Route verwechseln, auch wenn sich diese zum Teil überschneiden. Im bikeline Radtourenbuch „Ems-Radweg“ ist die DEK-Route bis Emden allerdings mit aufgeführt. Ab Emden haben wir die Tour ein bisschen abgeändert, womit „Nordseeküsten-Radweg 2“ unser Wegweiser bis Norddeich wurde.

Vorweg gesagt…durch die super Ausschilderung der DEK-Route vor Ort kommt man auch ohne Tourenbücher klar, aber die Tourenbücher verschaffen einen sehr schönen Überblick über die Tour und nur mit den Tourenbüchern kann man auch sein Tagespensum vernünftig planen. Die Bücher enthalten neben den Karten auch noch viele nützliche Tipps und Hinweise. In wieviel Tagen man diese Tour bestreiten möchte, das bleibt natürlich jedem selbst überlassen. Wer mit mehreren Radlern auf die Tour geht, sollte sich immer am schwächsten Fahrer orientieren – sonst wird aus Lust schnell Frust. Wir planten etwa 70 Kilometer am Tag, neben dem Radfahren sollte auch der Aufenthalt in den Übernachtungsorten nicht zu kurz kommen. Es gibt viel zu sehen und zu erkunden, da wollten wir nicht nur durch die Orte hechten. Unsere Tagesziele bzw. Übernachtungen waren grob etwa: Münster, Rheine, Meppen, Papenburg, Emden und die letzten Nächte am Ziel in Norden. Wir hatten uns als Reisezeit für den Monat Mai entschieden, der bekanntlich angenehmes frühlingshaftes Wetter verspricht – so natürlich nicht bei uns! Es war arschkalt und der Gegenwind begleitete uns von Dortmund bis nach Norddeich. Um den eisigen Wind erträglicher zu machen, wurde die Regenbekleidung als Windbreaker übergestreift. In Lingen wurden dann noch Winterhandschuhe gekauft und in Papenburg folgte der Kauf von warmer langer Unterwäsche. Wir hatten uns zwar auf Kälte vorbereitet, aber es wurde schlimmer als gedacht. Ein weiterer Nachteil dieses Wetters war, dass sehr viele Lokalitäten auf der Route geschlossen hatten. Der Vorteil: Wir waren fast über die gesamten Route alleine unterwegs. Auch die Hotelzimmersuche gestaltete sich überwiegend sehr stressfrei.

Wir sind die Tour natürlich mit Mountainbikes gefahren, ausgestattet mit Lenkertasche, Gepäckträger samt Seitentasche sowie Rucksack. Von der Streckenbeschaffenheit kann man ohne Probleme auch zu einem Trekking-Rad oder einem normalen Tourenrad greifen – angesichts des Gepäcks wäre das vielleicht sogar sinnvoller. Der Untergrund ist immer befestigt und stellt sich als ein Wechsel aus festem Schotter, festgefahrenem Lehmboden und Asphalt dar. Wilde Geländeritte muss und darf man also nicht erwarten. Die Höhenmeter halten sich wirklich sehr in Grenzen, lediglich an Brücken und kurz vor Lingen muss man mal etwas mehr kurbeln. Das eigentliche Problem bei unserer Tour war wie gesagt der Gegenwind, der irgendwann sehr nervend wurde. Landschaftlich wandelt man von Westfalen in das Emsland und dann nach Ostfriesland. Felder und Wälder wechseln sich ab, auch streift man viele kleine Dörfer, die zum Verweilen einladen. Wie viele Schleusen man passiert, können wir nicht sagen. Wir haben nicht mitgezählt, aber es sind etliche Schleusen. Viele Schleusen haben in ihrer unmittelbaren Nähe eine Lokalität – diese hatten, wie bereits erwähnt, aufgrund des Wetters aber meist geschlossen. Wie vielen der unzähligen Deichschafe auf der Tour wir prophezeit haben, abends bei uns auf dem Teller zu landen, können wir auch nicht mehr sagen 🙂 Doch nicht nur landschaftlich gefällt diese Tour, sondern auch die Gastfreundschaft und die Freundlichkeit gegenüber Radfahrern begeistert. Ob wir diese Tour empfehlen können? Hier gibt es von uns ein hundertprozentiges Ja! Schon ab dem Dortmunder Bahnhof wird dem Radler die DEK-Route mit dem DEK-Routen-Schild gewiesen. Die Kennzeichnung der Tour ist über die gesamte Tour vorbildlich, was allerdings nicht verwundert, da diese Tour sehr beliebt ist und auch (oder gerade) von vielen älteren Radfahrern gefahren wird. Direkt an der Dortmunder Stadtgrenze gab es die erste Umleitung, die uns kurzzeitig vom Kanal wegführte. Auch hier war die Beschilderung sehr gut, weshalb man sich deswegen keine Sorgen machen sollte. An Henrichenburg vorbei, dem alten beeindruckenden Schiffshebewerk, ging es ohne größere Probleme in Richtung Münster. Kurz vor Münster quartierten wir uns für die erste Nacht ein. Das Schöne im Mai: Es ist Spargelzeit und vom Niederrhein und aus dem Münsterland kommt hervorragender Spargel – also unbedingt mal antesten, was wir an diesem Abend auch ausgiebig taten!

Für den nächsten Tag hatten wir uns als Tagesziel Rheine vorgenommen. Kurz vor Rheine passierten wir das „Nasse Dreieick“ bei Hörstel, wo der Mittellandkanal vom Dortmund-Ems-Kanal abzweigt. Natürlich hatten wir auch ein weinendes Auge: Man ist hier direkt am Fuße des schönen Teutoburger Waldes unterwegs und die sichtbaren verlockenden Höhenmeter lassen des Mountainbikers Herz bluten – bei der DEK-Tour lassen wir den Teutoburger Wald leider rechts liegen! Wir trösten uns anders! Ein schöner Biergarten lädt zum Verweilen ein und das Wetter war zumindest so gut, dass man diesen Tag hier ausklingen lassen konnte. Neben einem Restaurantbetrieb kann man sich hier auch ein Zimmer für die Nacht anmieten. Die Zimmeranzahl ist allerdings sehr begrenzt, also während der beliebten Reisezeit vorher mal nachfragen. Ein weiterer Vorteil ist, dass man die Route nicht zu verlassen brauchte. Auch wenn wir uns vorab als nächstes Ziel eigentlich Lingen vorgenommen hatten, haben wir uns letztendlich für Meppen entschieden, da wir uns unbedingt in Papenburg einquartieren wollten. Dennoch haben wir Lingen einen Besuch abgestattet. Um die Innenstadt zu erreichen, muss man die Route verlassen, aber die eiskalten Finger riefen nach wärmeren Handschuhen und nach einer warmen Tasse Kaffee. Also Kaffee getrunken, Handschuhe gekauft und wieder auf die DEK-Route eingefädelt. In Meppen gestaltete sich die Hotelsuche ein bisschen konfuser. Hotels gibt es genug, aber die Angst vor den Zimmerpreisen ließ uns ein wenig in der Stadt rotieren. Wir sind dann im Hotel Pöker untergekommen und das Zimmer als auch das Frühstücksbuffet waren erstklassig – und das zu humanen Preisen. Wo auch immer man sich auf dieser Tour einquartiert, aber man sollte auf jeden Fall Papenburg berücksichtigen! Diese kleine Stadt hat ein unglaubliches Flair und bietet neben den vielen Kanälen sehr viele Sehenswürdigkeiten. Im Stadtkern kann man auf den Kanälen Nachbauten traditioneller Schiffe bewundern und die Meyer Werft ist durch den Bau von Kreuzfahrtschiffen weltberühmt. Auch wenn Papenburg nicht an der DEK-Route liegt, hier sollte man auf jeden Fall einen Abstecher machen! Leider war bei uns das Wetter suboptimal – wie muss es erst sein, wenn bei schönem Wetter die am Kanal gelegenen Cafe’s, Kneipen, Biergärten und Restaurants auf haben bzw. draußen Sitzmöglichkeiten bieten? Eine Übernachtungsmöglichkeit findet sich im Hotel Walker unweit der City. Ein sehr gutes italienisches Restaurant findet ihr mit Sale-E-Pepe im Stadtkern, mit Jameson’s Pub einen richtig geilen Irish Pub.

Die weitere Tour nach Emden hat uns von der gesamten Tour am wenigsten gefallen. Wir waren aber selber schuld – um uns die Fähre von Ditzum nach Petkum zu ersparen, sind wir direkt rechts der Ems nach Emden gefahren. So sind wir etliche Kilometer auf asphaltierten Radwegen direkt neben der Straße gefahren und das Wetter setzte sich uns auch entgegen. Die eigentliche Route soll dagegen sehr viel ansprechender sein, so erzählte man uns nachher – und die Überfahrt mit der Fähre wäre auch kein Problem. In Emden angekommen haben wir uns direkt ein Fremdenzimmer gesucht, um die Finanzen nicht zu sehr zu schröpfen. Einen kulinarischen Tipp können wir auch geben: Frische Maischolle! Selbst als Nicht-Fischesser ein Genuss! Bis nach Emden sind wir mit dem bikeline Radtourenbuch „Ems-Radweg“ gekommen, ab Emden muss man sich neu orientieren. Das bikeline Radtourenbuch „Nordseeküsten-Radweg 2“ führt den Radler an der Küste über Norddeich bis nach Hamburg. Wir sind aber erstmal bis kurz vor Marienhafe der ausgeschilderten DEK-Route gefolgt, dann sind wir westlich nach Greetsiel gefahren, einem kleinen beschaulichen und von Touristen überlaufenen Fischerdörfchen. Man fährt bis hier nur noch über asphaltierte Feldwege. Von Greetsiel bis Norddeich folgten wir der im Radtourenbuch „Nordseeküsten-Radweg 2“ vorgeschlagenen Route. Wenige Kilometer hinter Greetsiel sahen wir zum ersten Mal die offene Nordsee. Nach 405 Kilometern erreichten wir Norddeich – das Ziel unserer Reise – bei Sonnenschein 🙂