Wo ist der schöne Winter am Niederrhein geblieben? Nieselregen bei acht Grad über dem Gefrierpunkt sorgten immer für eine durchgehende Bikesaison ohne Unterbrechung. Jetzt avanciert der Niederhein seit zwei Jahren zum Wintersportgebiet mit einer über mehrere Wochen bestehenden Schneegarantie! Somit sind auch wir gezwungen, das Bike den Umständen entsprechend anzupassen! Hauptaugenmerk soll in diesem Fall nicht der Spaß auf dem Spot sein, sondern die Alltagstauglichkeit.
Wir wollen uns dem Alltagsbiker widmen, der tagtäglich mit dem Rad zur Arbeit unterwegs ist. Auf einer geschlossenen Schneedecke haben wir mit einem DH-Reifen zwar Grip, aber wer einige Kilometer zurücklegen muss, wird schnell verzweifeln. Somit gilt ein guter Kompromiss aus Haftung und Rollwiderstand zu finden. Der Reifen für den urbanen Biker sollte also relativ schmal sein, aber dennoch den winterlichen Bedingungen gewachsen sein. Wie immer ist alles relativ und eine Faustformel lässt sich auch in diesem Fall nicht eindeutig aufstellen – zumindest aber lassen sich grob die Eckpunkte definieren.
Zu verschieden und gleichzeitig ineinander überlaufend sind die winterlichen Bedingungen und Umstände. Wie hoch ist die Schneedecke, handelt es sich um Pulverschnee oder pappigen Schnee? Ist der Schnee festgefahren oder übergefroren? Handelt es sich um Neuschnee und wie ist der Untergrund? Gefroren oder nicht? Befindet man sich direkt auf einer dicken Eisschicht? Für den urbanen Vortrieb sind natürlich auch andere Faktoren wichtig wie die Tatsache, dass die Straße geräumt sein kann. Natürlich muss das Fahren mit den Schneereifen auf Asphalt in diesem Fall möglich sein – nicht alle Städte zeigen sich so chaotisch und überfordert wie Moers! Wir haben, kurz vor Einsetzen der winterlichen Bedingungen, den Schwalbe Snow Stud aufgezogen. Interessant beim Schwalbe ist die Verwendung von 100 Metallstiften (Spikes), die versetzt in die Außenstollen eingelassen sind. Die Lauffläche in der Mitte ist spikefrei und das Profil ist – zumindest für urbane Verhältnisse – grob ausgelegt. Der Reifen ist in der 26 Zoll Version als 1.9 erhältlich.
Der seitliche durchgehende Reflexstreifen sorgt dafür, dass man bei Dunkelheit rechtzeitig wahrgenommen wird. Wenn ihr, so wie wir, nie mit solch schmalen Pellen unterwegs seid, dann denkt beim Kauf dieses Reifens an einen Schlauch! Der dicke DH- oder FR-Schlauch ist zu groß dimensioniert und für diesen Einsatzbereich zu schwer. Im Schnee fahren kostet schon genug Körner! Wir haben diesbezüglich direkt leichte und schmale Schwalbe Schläuche verbaut. Beim Neureifen ist es wichtig, dass dieser eingefahren wird, weshalb man den Reifen nicht erst bei bereits einsetzendem Schneefall montieren sollte. Durch das Einfahren „setzen“ sich die Metallstifte und es wird somit verhindert, dass sich die Spikes vorzeitig von dannen machen. Wichtig während dieser Zeit ist: Keine (unnötigen!) brachialen Bremsmanöver oder Beschleunigungen. Laut Schwalbe soll der Reifen 40 Kilometer eingefahren werden, was wir etwas großzügiger ausgelegt haben. Wir haben uns zum Einfahren auf einen mittleren Luftdruck von 2,8 bar geeinigt und soviel sei jetzt bereits verraten: Bis zum Testende haben wir keinen Spike verloren! Bereits beim Einfahren zeigt der Schwalbe Snow Stud seine urbanen Fähigkeiten.
Der Reifen rollt auf Asphalt erstaunlich gut, zwar vernimmt man akustisch die Spikes, aber sehr leise. Es hört sich in etwa an, als würde man über einen Weg mit Rollsplitt fahren. Der Reifen vermittelt absolut kein kippeliges Gefühl und auch in der Kurve zeigt sich der leicht rollende Snow Stud erstaunlich unauffällig – wenn man erst mal seine Bedenken abgelegt hat. Der erste Schnee ließ nicht lange auf sich warten und endlich konnten wir den Reifen in seinem angedachten Einsatzbereich testen. Um den Grip zu erhöhen, sind wir sehr schnell von dem anfänglichen Luftdruck abgewichen. Für uns lag der optimale Kompromiss aus Haftung (primär) und Vortrieb (sekundär) bei 1,8 bar. Dieser Wert ist natürlich rein subjektiv zu betrachten, da hier jeder selber entscheiden muss, wo er seine Prioritäten setzt. Natürlich spielen auch Faktoren wie die Fitness, das Körpergewicht und nicht zuletzt die Straßen- und Wetterverhältnisse eine Rolle. Da sich diese im Winter innerhalb eines Tages wandeln, darf gerne experimentiert werden. Auf festem Schnee und bei leichten bis mittleren Schneedecken auf festem Untergrund kann der Schwalbe seine Trümpfe voll ausspielen. Durch die Absenkung des Luftdrucks packt der Reifen schon bei der Beschleunigung und bietet ein sehr gutes Bremsverhalten. Der schmale Reifen bahnt sich seinen Weg durch den Schnee und bietet sehr guten Grip und ein gutes Kurvenfeeling. Natürlich kann der Schwalbe Snow Stud nicht zaubern – zu heimtückisch können die Verhältnisse im Winter sein. Ein großes Problem sind immer die festgefrorenen Spurrillen , vor allem dann, wenn diese nicht sichbar unter einer Schneedecke liegen. Der Reifen rutscht, beißt sich dann aber schnell fest! So wird zwar für einen Adrenalinschub gesorgt, die Situation bleibt aber beherrschbar. Hier kommen die Metallstifte zum Tragen und demonstrieren den klaren Vorteil gegenüber Reifen ohne metallische Unterstützung. Wunder darf man aber auch hier nicht erwarten, dafür müsste der Reifen mehr Spikes aufweisen – aber wie gesagt, es muss immer ein Kompromiss gefunden werden, was Schwalbe mit dem Snow Stud auch gelungen ist.
An seine Grenzen kommt der Reifen auf Eispisten und bei seifigem Schneematsch. Die in das Profil eingelassenen Metallstifte können sich nicht tief genug ins Eis bohren, in diesem Fall muss man zu einem reinen Eisreifen zurückgreifen. Auf seifigem Schneematsch bietet das Vorderrad nicht genug Spurstabilität und das Bike fängt an, über das Vorderrad zu schieben. Wir sind den Reifen in der Stadt, auf Wald- und Forstwegen sowie im Bergischen auf Trails gefahren. Verbaut war der Reifen an einem Kona CoilAir und an einem Cruiser. Der Reifen zeigte seinen Stärken vor allem im Stadtbetrieb und auf Forstwegen. Trotz des groben Profils mit einer guten Selbstreinigung ist der Einsatz auf Trails und Wurzeln eher nicht seine Stärke. Den Weg zur Arbeit oder der Schule kann einem der Schwalbe Snow Stud auch nicht nehmen, aber definitiv etwas angenehmer und vor allem sicherer gestalten. Erstaunt waren wir nach dem Test darüber, dass der Reifen und die Spikes, die übrigens noch alle vorhanden waren, kaum Verschleißspuren zeigten – trotz der vielen Kilometer auch auf Asphalt!
Fazit Schwalbe Snow Stud
Wunder kann auch der Schwalbe Snow Stud nicht vollbringen! Den Weg zur Arbeit oder der Schule kann einem der Schwalbe Snow Stud auch nicht nehmen, aber definitiv etwas angenehmer und vor allem sicherer gestalten. Selbst auf dem Bike können Winterreifen tatsächlich Sinn machen!
Preis: 39,90 Euro