Seit jeher plagt den Menschen die Frage über den kleinen, aber dennoch entscheidenden Unterschied zwischen den Geschlechtern. In heiligen Schriften wird die Rolle den Geschlechtern strikt zugewiesen. Heutzutage flimmern abendfüllende Fernsehsendungen, eigens diesem Thema gewidmet, über die Mattscheibe. Ja, so ist es, und nun scheinen wir seit Tausenden von Jahren zu wissen, daß der Mann für das Grobe im Alltag zuständig ist und die Frau mehr für die feinen Dinge des Lebens.
Auch bei Schwalbe tobte anscheinend der Geschlechterkampf und hat vorsorglich beiden Geschlechtern einen Reifen gewidmet. Der „Al Mighty“, den Schwalbe als den „allmächtigen Herrscher über alle Downhill-Hänge“ propagandiert, soll für den optimalen Run beim Downhill sorgen. Die „Big Betty“, „the Queen of Freeride“, soll dagegen den Freerider beglücken. Die in unserem Test befindliche Betty ist wirklich „Big“! Mit einer Breite von 2.40 macht diese Dame dennoch eine sehr gute Figur. Der Al Mighty kommt in unserem Test mit einer Breite von 2.35 daher. Schwalbe bietet diese beiden Reifen in zwei unterschiedlichen Gummimischungen an. Neben der „normalen“ ORC Gummimischung (Offroad Racing Compound) können Adrenalinjunkies auch noch auf die etwas weichere Gooey Gluey Gummimischung zurückgreifen.
Feststellen sollte man zuerst die Kriterien, die ein Reifen erfülle sollte. Für den Freerider ist sicherlich ein Reifen sinnvoll, der guten Grip mit einem guten Rollwiderstand vereint. Schließlich geht es ja auch mal bergauf oder über Singletrails. Dies soll aber nicht heißen, daß der Downhiller auf den Rollwiderstand „pfeift“. Im Gegenteil, auch hier ist ein guter Rollwiderstand sehr wichtig, nur wird etwas mehr Wert auf die Traktion gelegt. Es geht, ganz plumb gesagt, nunmal bergab und beim wettkampforientierten Downhiller ist der Kampf um den Bruchteil einer Sekunde oberste Priorität. Würde man dies in Prozenten ausdrücken wollen, würde das Verhältnis Traktion/Rollwiderstand beim Freerider vielleicht bei 40/60 liegen, beim Downhiller dagegen eher bei 60/40. Von persönlichen Vorlieben mal abgesehen.
Tatsächlich ist das Rollverhalten des Schwalbe Big Betty deutlich besser als das Rollverhalten des Al Mighty. Tretpassagen sind definitiv nicht das Einsatzgebiet des Al Mighty. Wird dann noch die Gooey Gluey Mischung gefahren, artet die Treterei regelrecht in Stress aus. Allerdings wird der hohe Rollwiderstand mit einer erstklassigen Traktion belohnt. Schon die ORC Mischung kann überzeugen, die sich in Waldboden, auf Steine und Wurzeln verbeißt. Die Gooey Gluey Mischung kann noch einen „Ticken“ drauflegen. Den besten Kompromiss zwischen Traktion und Rollverhalten erreichten wir bei einem Luftdruck von etwa 1,6 bar. Ein Wert, der sicherlich von Fahrer zu Fahrer abweicht. Auch den Big Betty sind wir mit einem Luftdruck von etwa 1,6 bar gefahren. Der Vortrieb des Faltreifens ist deutlich besser als der des Al Mighty, der im Gegesatz zum Big Betty als Drahreifen ausgeliefert wird. Wer meint, mit dem Freeridereifen müsse man deutlich kürzer treten, der irrt. Der Big Betty beißt sich phänomenal in den Boden fest, selbst in der ORC Mischung.
Die Traktion ist zwar nicht so gut wie die des Al Mighty, aber dennoch erstklassig. Die Gooey Gluey Mischung des Big Betty büßt zum Big Betty in der ORC Mischung merklich an Rollwiderstand ein, bietet aber dafür etwas mehr Traktion. Überzeugend ist auch der Grip der beiden Schwalbe Reifen auf seitlich abfallenden Trails und das Bremsverhalten. Selbst harte Bremsmanöver in Kurven bringen weder den Big Betty noch den Al Mighty aus dem Konzept. Ein wichtiges Plus an Sicherheit. Was uns bei den Schwalbe Reifen ebenfalls überzeugen konnte war die Pannensicherheit. Selbst der Faltreifen ließ uns während des langen Tests nicht im Stich.
Unserer Meinung nach wird der Big Betty in der ORC Mischung für die meisten Freerider eine sehr gute Wahl sein. Der gute Grip gepaart mit einem guten Rollverhalten und Langlebigkeit machen diesen Reifen zum perfekten Allrounder. Wer einen Ticken mehr Gas geben will auf der Abfahrt, sollte sich die Gooey Gluey Mischung gönnen, wenngleich die Traktion mit einem merklich höheren Rollwiderstand erkauft wird. Der relativ schwere Al Mighty bleibt in unseren Augen definitiv den Abfahrtsfahrern vorbehalten. Das mühselige Bergaufkurbeln mit dem Al Mighty, ganz gleich in welcher Mischung, kann und darf man keinem Freerider antun. Sessellift oder Shuttleservice sind hier ein Muss. Auch die Langlebigkeit kann dem Big Betty nicht das Wasser reichen. Aber dafür rockt der Al Mighty bergab. Die Gooey Gluey Mischung lohnt sich nur für den Raceeinsatz im Kampf um den Bruchteil einer Sekunde, zumal diese Gummimischung einiges kurzlebiger ist als ORC Gummimischung. Neben 26 Zoll ist der Al Mighty auch in 24 Zoll erhältlich!
Fazit:
Mit dem Schwalbe Al Mighty und dem Schwalbe Big Betty kommen Downhiller und Freerider voll auf ihre Kosten. Selbst Grenzgänger dürfen sich an diesen Reifen erfreuen, zumal neben der „normalen“ ORC Mischung noch die weiche Gooey Gluey Mischung erhältlich ist.
Erhältliche Größen:
Al Mighty: 24×2.35, 24×2.60, 26×2.35, 26×2.60
Big Betty: 26×2.40
Gewicht:
Al Mighty: um die 1200 Gramm
Big Betty: etwa 890 Gramm
Preise:
Al Mighty: 44,90 Euro
Big Betty: 39,90 Euro
Mehr Infos unter www.schwalbe.de