Poison Mescalin – Two in One – Test

Bereits in grauer Vorzeit war bekannt, daß eine Verbindung zweier oder mehrerer unterschiedlicher Stoffe ein Ergebnis besonderer Güte hervorbringen kann. So entstand aus den Metallen Kupfer und Zinn die Legierung Bronze, nach der prompt eine ganze Zeitepoche benannt wurde. Auch der Druide Miraculix, stellvertretend für eine ganze Berufssparte, zeigte, wie man durch gekonntes Mischen von sonst recht harmlosen Einzelstoffen ein Ergebnis zauberte, welches die Römer buchstäblich aus den Socken haute. Verbinden mehrerer Einzelstoffe zum Maximieren des Zieles. Diesen Weg beschreitet auch das Poison Mescalin.

Das Poison Mescalin wartet durch einen sauber verarbeiteten Alurahmen auf, an dessen Heck ein Carbonhinterbau mit CNC Ausfallenden klebt. Ein Schnippen des Fingers vor die Rohre des Alurahmens mit dem daraus resultierenden blechernen Klang, welcher stark an die Akkustik einer Coladose erinnert, der Blick auf die gelochte Gabelkrone der Marzocchi MX Comp ETA und die filigranen CNC Ausfallenden trieben uns vor Beginn des Tests etwas Angstschweiß auf die Stirn. Ob das hält? Das geht doch bestimmt kaputt, oder…? Werden die verklebten Verbindungen zwischen Alu und Carbon halten oder sich gar lösen? Fragen, die das Team der Fraktur zu beantworten hatte. Die Schonfrist für das Mescalin war abgelaufen…

Schon nach den ersten Metern zaubert das Mescalin ein Leuchten in die Augen des Bikers. Leichtfüßig gleitet das Mescalin über die Straße. Ein Gang runter, antreten, Lenker ziehen und mit einem Wheelie zieht man von dannen. Die Continental Explorer Pro in der Breite 2.1 überzeugen durch guten Grip, nicht nur auf der Straße, wie sich später herausstellen sollte. Auch auf Waldwegen und unebenem Terrain kann man mit dem Poison unglaubliche Geschwindigkeiten vorlegen. Die Verbindung der gut rollenden Contis mit dem nicht unbedingt ganz leichten, aber agilen Rahmen erweist sich als weiser Griff der Macher von Poison.

Das gute und ausgewogene Fahrverhalten des Mescalin verdrängt nach und nach die am Anfang geäußerten Bedenken. Das Gelände wird härter und manchmal vergißt man, auf welch filigranem Bike man die eine oder andere mit Wurzeln gespickte Abfahrt gerade hinter sich gelassen hat. Durch den Carbonhinterbau sind selbst Rüttelpisten angenehm im Sitzen zu absolvieren. Auch die Traktion profitiert von dem leicht nachgebenden Carbonhinterbau. Bergauf kommt das Mescalin in Hochform. Das Motto heißt sitzenbleiben, Gang runter und sich die Berge hochschrauben. Selbst bei kürzester Übersetzung bleibt das Vorderrad kontrolliert am Boden, ohne zusätzlich Gewicht auf die Frontpartie des Mescalin legen zu müssen.

Schwächen zeigt das Mescalin dafür im Wiegetritt. Wie heißt es so schön, ohne Licht kein Schatten. Der fürs Sitzen so angenehme Carbonhinterbau verleiht dem Mescalin beim Wiegetritt ein schwammiges Fahrverhalten. Ein Reduzieren des Federwegs der Gabel durch die ETA Lockout-Funktion mit der daraus resultierenden Versteifung bringt etwas Besserung. Negativ aufgefallen ist uns kurioserweise die Shimano HG Kette, die trotz guter Kettenlinie nach kurzem Einsatz im Bereich der Vernietung auseinanderging. Im Gegensatz zu Miraculix Zaubertrank sind die Bestandteile des Mescalin bekannt. Alles in allem ein feiner und gut abgestimmter Mix. Die Magura Luise funktioniert wie gewohnt perfekt.

Auch hier erwies sich der Griff der Poison Leute zur Magura als gute Entscheidung, so wie die Wahl der Federgabel, einer Marzocchi MX Comp ETA. Zugegebenermaßen deuchten die Bohrungen in der Gabelkrone nichts Gutes, aber sie hielt. Die Gabel flext beim harten Bremsen durch die bissige Magura zwar etwas, aber das liegt im Rahmen des Akzeptablen. Das Ansprechverhalten der MX Comp ETA ist typisch für Marzocchi sehr gut, und auch die Dämpfung läßt keine Wünsche offen. Stahlfeder und offenes Ölbad sei Dank. Als Felgen wurden der Klassiker Mavix X 223 Disc verbaut, gespickt mit den Cerit Naben von DT Swiss. 2004er Shimano XT Schaltung, Umwerfer und Hollowtech2 Kurbeln runden das sehr gute Gesamtbild ab.

Miraculix hätte es nicht besser machen können, abgesehen von den Lenkergriffen. Wie von uns schon am Poison Taxin bemerkt, haben die Amoeba Lenkergriffe einen unglaublichen Drang zum Wandern. Unsere Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet. Was wir dem Mescalin auch antaten, es hielt…bis auf…den Amoeba Vorbau. Ein Riss an der Lenkerklemme bedeutete das Aus für diese Komponente. Sollte nicht passieren, kann aber passieren. Hier ist vielmehr ausschlaggebend, was der Hersteller oder Vertrieb, in diesem Fall Poison, daraus macht. Wir müssen Poison die Note 1 für Kundenservice verleihen. Nur wenige Tage nach Reklamation lag ein nagelneuer Vorbau vor. Ohne Murren, ohne Knurren. Wir haben bei so manch „großen namhaften alteingesessenen“ Firmen auch schon das Gegenteil erlebt. Das es auch anders geht zeigt die Firma Poison.

Das Poison Mescalin hat eindeutig Racecharacter. Die Seitensteifigkeit kann allerdings nicht so recht überzeugen. Kein Bike für den Artisten auf dem Zweirad, sondern für Leute mit Ambitionen schnell beim CC unterwegs zu sein und sich die Berge hochzuschrauben. Ohne wenn und aber…und das zu einem sehr fairen Preis.

Preis: in der Ausstattung des Mescalin mit XT-Ausstattung 1499 Euro (ohne Pedalen)
Gewicht: etwa 11,2 Kilogramm (ohne Pedalen)

Mehr Infos: www.poison-bikes.de