KHE Identiti Pro 24″ Cruiser im Test

Wer kennt es nicht, das Gefühl, etwas zu sehen und einfach haben zu müssen. Ähnlich erging es mir beim neuen KHE Cruiser Identiti. Es war irgendwie so anders. Die sauber verschweißten CroMo Rohre, wie sie sonst üblicherweise im BMX-Rahmenbau verwendet werden, die 24 Zoll Felgen und die 1.95 Bereifung, die es irgendwie süß aussehen lassen. Doch der Schein trügt. Das Identiti ist hart im nehmen und leidenschaftlich zugleich. Ob aus dem Flirt aber auch eine große Liebe entstehen kann? Wir wollten es nicht nur wissen, wir mussten es wissen!

Zugegebener Weise verliefen die ersten Meter auf dem KHE Cruiser Identiti ziemlich unsicher. War es Nervosität, Anspannung oder Vorfreude? So lässt man es sich nicht nehmen direkt mit dem Identiti loszusprinten. Singlespeed und die dadurch fehlende Schaltung und das Einsparen einer kräfteraubenden Kettenführung lassen das Bike beeindruckend die Kraft in Beschleunigung umsetzen. An den kurzen Abstand zwischen Knie und Lenker gewöhnt man sich schnell. Die fehlende Federung vorne lässt die Arme schneller als gewohnt schlapp werden.

Die Lenkung ist viel direkter und aggressiver als beim herkömmlichen Mountainbike. Doch je länger man auf dem KHE unterwegs ist, umso wohler fühlt man sich. Geradezu spielerisch lässt sich das KHE zum Jumpen animieren. Das Identiti fühlt sich in der Luft pudelwohl und lässt sich genial in der Luft dirigieren. Doch Vorsicht ist geboten. Unsaubere Landungen verzeiht das KHE nicht. Allerdings verzeiht der superphatte Sattel einige Fehler. Gewöhnungsbedürftig ist auch der kleine Abstand von den Pedalen zum Vorderrad, wodurch man abundzu sein Vorderrad unfreiwillig mit dem Schuh reinigt.

Wir empfehlen auf jeden Fall die Standardfelgen mit 48 Speichen gegen die als Zubehör bei KHE erhältlichen HALO Felgen, ebenfalls mit 48 Speichen, auszutauschen. Richtig gelesen: 48 Speichen! Die Standardfelgen sind für das gemütliche cruisen in der Stadt okay, aber für eine ambitionierte Fahrweise absolut unterdimensioniert. Eine Mehrausgabe die sich auf jeden Fall lohnt. Die HALO Felgen sehen nicht nur superphatt aus, sondern stecken auch einiges weg. Auch Achsentechnisch geht man hier auf Nummer sicher. Mit einem Durchmesser von 14 mm kann man sich ohne Bedenken auf den Pegs austoben. Richtig gelesen: 14 mm! Was natürlich auch heißt das man hier zu Recht auf Schnellspanner verzichtet hat.

Etwas unglücklich dürfte der gemeine Mountainbiker über die Hinterradbremse sein. Dafür wird man allerdings mit einem Rotor entschädigt, wodurch man wiederum sehr geil Flat fahren kann. Dadurch sind zum Beispiel Barspins und Tailwhips möglich. Die Vorderradbremse ist im Gegensatz zur Hinterradbremse sehr giftig. Pegs sind beim Identiti Standard, sowie der halbe Rockring, um das Kettenblatt zu schonen. Da man zum Dirten und zum Street fahren, aber auch auf der BMX-Bahn, keine Schaltung benötigt, wurde sie kurzerhand einfach weggelassen. Was nicht da ist kann auch nicht kaputtgehen.

 

Die Parallelen zum BMX sind unverkennbar. Dafür spricht auch das BMX-Tretlager mitsamt der 3 teiligen Kurbel von Prowheel. Das Tretlager sitzt sehr tief und verlangt etwas feingefühl beim Beschleunigen in Kurven. Die Pedalen sind, wie nicht anders zu erwarten, Plattformpedalen. Sie sind zwar einfacher Ausführung, aber vermitteln immer einen guten Grip. Vorbau und Lenker haben mir auch auf Anhieb gut gefallen. Mit einer Lenkerbreite von 69cm lässt sich das Identiti sehr gut bewegen und folgt prompt einer Lenkbewegung.

Sehr gut für Street und Rampe ist die Bereifung. Allerdings war auf unseren heimischen Jumps im Wald unter schlüpfrigen Bedingungen mit den IRC 24×1.95 mit Straßenprofil keine Traktion aufzubauen und die Bezeichnung Dirt gewann neue Dimensionen. So erinnerte mich das Beschleunigen auf nassen Waldtrails mit dem durchdrehenden Hinterrad mehr an die Beschleunigungsorgien beim Motocross. Aber eigentlich geht ja auch bei Regen nicht wirklich jemand gerne jumpen.

Das KHE Cruiser Identiti schließt die Lücke vom Mountainbike zum BMX. Viele Mountainbiker würden gerne BMX fahren, scheuen aber die kleinen 20 Zoll Räder. Tricks die auf dem MTB nicht oder nur schwer realisierbar sind, lassen sich auf dem Identiti in die Tat umsetzen. Und die direkte Fahrweise schult das weiche und vorausschauende fahren. Es ist wie bei einer heißen Liebe. Sie verzeiht keine Fehler, aber wer möchte die schon machen.

Wer das KHE einmal besitzt und sich an dessen Charakter gewöhnt hat, möchte es nicht mehr hergeben. Ein zu diesem Preis nur schwer zu toppendes Bike, welches ungemein viel Spaß bereitet. Gewichtstechnisch liegt das Identiti auf normalem Level. Mit den HALO Felgen und ohne Pegs bringt es knapp 16 kg auf die Waage. Wer die Pegs anschraubt muss noch mal knapp 1,3 kg zurechnen. Der Preis für das KHE beträgt mit den Originalfelgen etwa 350 Euro, sollen die HALO Felgen zum Einsatz kommen, welche wir auf jeden Fall empfehlen, ergibt sich ein Preis von etwa 600 Euro. Ein immer noch schwer zu toppender Preis für ein Bike dieser Klasse.

Fazit:
Das KHE Identiti ist nicht nur für einen heißen Flirt zu haben, sondern hat auch das Potential für eine leidenschaftliche Liebe. Und wer einfach nur einen Seitensprung sucht, der wird mit dem Identiti sicherlich auch auf seine Kosten kommen.

Mehr Infos unter: www.khe-bmx.de