Manche Dinge können so schön selbsterklärend sein. Das beweist beispielsweise Merida mit dem Enduro One-Sixty. Hier ist der Name „One-Sixty“ wirklich Programm und bedeutet 160 mm Federweg an der Front als auch am Heck. Merida bietet in Deutschland das Enduro in drei verschiedenen Ausführungen an. Sicherlich nicht nur eine Frage des Geschmacks, sondern auch des Geldbeutels. Unterhalb des mittleren Preissegments wird man allerdings nicht fündig, das One-Sixty ist erst ab der mittleren Preisklasse erhältlich und startet hier mit dem One-Sixty 1000 (2649 Euro). Das One-Sixty 1800 liegt bereits bei über 4100 Euro, das von uns getestete Merida One-Sixty 3000 schmälert mit seinen fast 5000 Euro auch üppigst gefüllte Kassen. Der Unterschied bei den Bikes liegt bei den verbauten Parts, nicht beim Rahmen – mal abgesehen von der Farbe.
Vorweg müssen wir an dieser Stelle erwähnen, dass es sich bei unserem Testbike zwar um das 3000er Modell handelt, die verbauten Komponenten allerdings nicht immer der Serie entsprechen. Wir werden auf diese „Unstimmigkeiten“ entsprechend hinweisen. Bevor auch nur ein Krümel Dreck unter die Stollen gekommen ist, musste das Merida erstmal auf die Waage. Mit den von uns montierten Plattformpedalen wiegt das Bike etwa 14,7 Kilogramm – ein Wert, der sich sehen lassen kann. Farblich ist das Bike perfekt abgestimmt. Das Merida ist optisch recht schlicht gehalten und wirkt, vielleicht auch gerade deswegen, ziemlich fesch. Manchmal ist weniger doch mehr und das wurde beim One-Sixty konsequent umgesetzt. Nicht gespart wurde an den verbauten Parts und bei der Entwicklung des Hinterbaus, dem VPK A-Link, einem VPP basierenden System.
So ein Bike darf natürlich nicht ungenutzt in der Ecke stehen. Kaum bei uns in der Redaktion angekommen, war das Peitschen über Trails angesagt. Direkt auffallend ist das sehr tief positionierte Tretlager. Was auf der einen Seite einen optimalen Druck auf den Trail bietet, birgt andererseits natürlich auch Nachteile. So ist beim Pedalieren am Hang etwas Vorsicht geboten, damit man sich nicht aushebelt. Gleiches gilt natürlich auch beim Pedalieren über Wurzeln und Steine. Man sollte das allerdings nicht als Kritik verstehen – auf der anderen Seite bietet das Merida ein sehr sattes Fahrgefühl, man taucht regelrecht in den Trail ein. Der VPK A-Link Hinterbau arbeitet sehr sauber und definiert. Der durchdachte Hinterbau ist eine Freude. Weder Antriebseinflüsse noch ein schwammiges Ansprechverhalten sorgen für Unmut.
Wurzelteppiche in Kurven beeindrucken das Fahrwerk des One-Sixty in keinster Weise. Einen wichtigen Teil tragen natürlich auch die Gabel und der Dämpfer bei. Im Gegensatz zur Serie glättete bei uns eine Fox 36 Float Fit RLC Gabel und ein Fox Float RP23 Dämpfer die Trails – beide natürlich Kashima beschichtet. Der progressiv arbeitende Hinterbau bietet genug Reserven, da kann es auf dem Trail gerne zorniger zugehen. Die Anpassbarkeit an die Gegebenheiten ist ein Traum, besonders die Einstellungen an der Gabel sind immens. In der Serie wird das Bike mit einer absenkbaren Fox 34 Talas 26 CTD Fit Gabel und einem Fox Float-A Dämpfer bestückt. Besonders die absenkbare Gabel ist ein wichtiger Pluspunkt, da an steilen Rampen die Nase leicht wird.
In Kurven gilt es etwas die Front zu belasten, um den Anpressdruck zu erhöhen, sonst schiebt das One-Sixty leicht über das Vorderrad. Die Eingewöhnungszeit ist Dank des gutmütigen Fahrverhaltens allerdings nicht der Rede wert. Mit Leichtigkeit segelt das One-Sixty über die Jumps. Ebenso leicht, wie das Enduro durch die Luft gleitet, lässt es sich in der Luft manövrieren. Die Landung gestaltet sich so sanft, dass man rohe Eier mit sich führen könnte. Die Beschleunigung lässt keine Wünsche offen. Bergan lässt sich das Merida gut treten, obwohl die Vorlieben des Bikes bei abschüssigen und ebenen Trails zu finden sind. Die Fahrhaltung auf dem Merida ist, den jeweiligen Anforderungen entsprechend, sehr gut. Das gilt beim entspannten Sitzen, welches zu langen Touren einlädt, als auch bei stehender Fahrweise.
In keiner Fahrsituation wirkt das Bike gedrungen oder gar unpassend. Weshalb unser Testbike mit DH Reifen bestückt war, wissen wir nicht. Wir haben die leicht rollenden Hutchinson Cougar Enduro Reifen aufgezogen, in der Serie rollt das One-Sixty 3000 auf Schwalbe Fat Albert. Der Hinterbau bietet auch breiten Reifen genug Freiraum. Ebenfalls nicht der Serie entsprechend waren die verbauten Laufräder. So hatten wir DT Swiss Tricon Laufräder anstatt der Mavic CrossMax SX. Bremse und Schaltung entsprachen auch nicht der Serie, welche normalerweise eine komplette Shimano XT Ausstattung aufweist. Sei es nun eine SRAM X0 oder Shimano XT Schaltung, beide Schaltgruppen überzeugen durch ihre Funktion. Das Gleiche gilt auch für die Shimano XT-Bremse des Serienbikes. Wichtig ist, dass der Umwerfer perfekt ausgerichtet ist, sonst schabt dieser beim Einfedern am Hinterbau.
Natürlich wurde auch an eine Vario-Sattelstütze gedacht, in diesem Fall die Rock Shox Reverb mit Fernbedienung. Ebenfalls nicht gespart wurde an der Verarbeitung. Die schöne Wippe ist ein Zeugnis dessen. Die Leitungen bzw. Züge, abgesehen von der Leitung für die Hinterradbremse, verlaufen durch das Unterrohr und sorgen so für eine aufgeräumte Optik. Sogar die Leitung für die Reverb Sattelstütze verläuft durch das Unterrohr! Eine saubere Sache…so präsentiert sich das Merida One-Sixty nicht nur optisch. Das durchdachte Bike gefällt von der Funktion, sei es die gute Umsetzung des Hinterbaus als auch die verbauten Komponenten, die sehr gut auf das One-Sixty abgestimmt sind. Das Merida One-Sixty 3000 bedeutet mächtig Fahrspaß, allerdings darf man das bei dem Anschaffungspreis sicherlich auch erwarten.
Größen: 15, 17, 19 und 21 Zoll
Farbe: seidenmatt-schwarz / weiß (grün)
Preis: 4999 Euro