Focus First Expert – Auf Abwegen – Der Marathonexperte im Test

Das Focus First Expert, von Focus selbst im Bereich Marathon angesiedelt, besticht durch eine mutige und sehr eigenwillige Anordnung des Dämpfers. Die verbauten Komponenten des Focus sind einen Zungenschnalzer wert. Ob das First Expert auch First Class ist, galt in einem harten Test herauszufinden. Neben vielen Einsätzen auf unseren Hometrails, in der Provence und in der Eifel musste das Focus noch eine andere Disziplin bewältigen: Kurzerhand haben wir mit dem First Expert an einem XC-Rennen teilgenommen. Konnte das Focus das Team der Fraktur überzeugen?

Beim First Expert fällt direkt die sehr ungewöhnliche Rahmenkonstruktion auf. Der DT Swiss SSD-190 Dämpfer findet Raum in einer Aussparung im Oberrohr, welches sich quasi am Dämpfer vorbeischlängelt. Unsere Bedenken, mit dem Oberschenkel permanent das Oberrohr an dieser verdickten Stelle zu streifen, bestätigte sich nicht. Vorteil dieser Rahmenkonstruktion ist der gute Schutz des Dämpfers vor Dreck. Während der Hebel zum Blockieren des absolut überzeugenden Dämpfers noch gut erreichbar ist, bedarf es bei der Einstellung der Zugstufe etwas Fingerspitzengefühl. Mit der passenden Pumpe stellt dagegen die Zugänglichkeit zum Ventil für die Luftunterstützung kein Problem dar.

Die Sitzposition auf dem First Expert ist angenehm sportlich. Wir würden die Sitzposition zwischen Tour und Race anordnen. Selbst lange Touren sind mit dem Focus ein Genuss. Der leicht gekröpfte und relativ breite Lenker sorgt zudem für ein gutes Handling. Die Magura Louise FR mit einer 180 mm Bremsscheibe vorne und einer 160 mm Bremsscheibe hinten verzögert das leichtfüßige Bike sicher und sehr gut dosierbar. Auch bei Schaltwerk und Umwerfer legt Focus höchsten Wert auf Präzision. Nicht weniger als Shimano XTR wurde an dem First Expert verbaut, bei den Schalthebeln finden immer noch XT-Hebel Verwendung.

Bei der Federgabel hat sich Focus für die Rock Shox Reba Race mit 100 mm Federweg entschieden. Die Wahl der Federgabel erweist sich als äußerst gelungen. Durch das Remote Poploc lässt sich die Reba schnell und unkompliziert vom Lenker aus blockieren. Auch das Lösen der Blockierung geschieht völlig ohne Kraftaufwand. Wie durchdacht die Rock Shox ist, zeigt das Motion Control, welches die Dämpfung der Gabel steuert. Zusätzlich erlaubt die Einstellung des Floodgates eine Feinjustierung der Sperrposition. Die Zug- als auch die Druckstufe sind bequem von außen einstellbar, zudem bietet die sehr sensibel ansprechende Gabel die Möglichkeit, den Positiv- als auch Negativfederweg mittels Autoventil einzustellen.

In Verbindung mit der Rock Shox Reba Race läuft das Focus First Expert zur Höchstform auf. Der Viergelenker mit 100 mm Federweg lässt sich hervorragend beschleunigen. Nichts wippt unnötig und trübt somit den Vorwärtsdrang. Bei Unebenheiten spricht der Viergelenker sensibel an und selbst größere Brocken werden noch weggeschluckt, ohne dass Unruhe ins Fahrwerk kommt. Hier zeigt sich die Klasse des DT Swiss Dämpfers. Vor allem die Kletterfähigkeit des Focus weiß zu überzeugen. Selbst sehr steile Uphills meistert das Focus ohne widerwillig die Nase zu heben.

Der sehr gut arbeitende Hinterbau sorgt für genialen Vortrieb. Selbst beim Wiegetritt kann die Traktion für Begeisterung sorgen. Zielstrebig lässt sich das gutmütige Focus über Singletrails peitschen. In Grenzsituationen am Rande der Traktion bleibt das Focus sehr gut beherrschbar und vermittelt dem Fahrer ein gutes und sicheres Gefühl. Lediglich in Kurven mit sehr hoher Geschwindigkeit konnten wir ein leicht schwammiges Fahrverhalten feststellen, welches aber keinen Grund zur Sorge darstellt.

Kommen wir zu unserem Lieblingspunkt Reifen. Am First Expert sind Continental in der Breite 2.3 verbaut. Vorne versieht ein Gravity Pro seinen Dienst, der definitiv mehr Traktion bietet als der hinten verbaute Flow Pro. Aber beide verbauten Continental weisen Schwächen auf losem Untergrund und vor allem bei Nässe auf. Absoluter Pluspunkt der Continental ist dagegen das sehr gute Rollverhalten. Vor allem Marathonfahrer wissen dies zu schätzen. Alles in allem kann man für den Einsatzbereich des First Expert die Reifenwahl als gut bezeichnen.

Neben vielen Einsätzen auf Trails am Niederhein, in Südfrankreich und in der Eifel, sollte das Focus First Expert seine Stärken bei einem Rennen unter Beweis stellen. Kurzerhand haben wir mit dem Focus das XC-Rennen in Kollerbeck bestritten und bei den Masters den achten Platz belegt. Ein Beweis, wie giftig aggressiv das Focus bewegt werden kann, wenn es sein muss. Ein Sporttourer mit einem unglaublichem Potential! Knapp 2200 Euro sind kein Pappenstiel für ein Bike, aber dafür bekommt man ein sehr gut durchdachtes System, welches perfekt funktioniert. Das Focus First Expert bereitet richtig Laune beim Fahren. Die Verarbeitungsqualität und Lackierung des Focus geben auch keinerlei Grund zur Kritik. Selbst im Bereich der Kettenstrebe wies die Lackierung kaum Macken auf. Die vielen verbauten Komponeten von FSA, wie zum Beispiel die Kurbel und der Lenker, versahen ihren Dienst ebenso perfekt und zuverlässig wie die DT Swiss Laufräder.

Fazit:

Erneut beweist Focus wieder, wie sportlich aggressiv Sporttourer sein können, ohne dabei an Komfort einbüßen zu müssen. Der genial arbeitende Viergelenker kann voll überzeugen und die verbauten Komponenten werden dem Focus First Expert absolut gerecht – First Class eben!

Preis: 2199 Euro
Gewicht: etwa 12,3 Kilogramm (ohne Pedalen)
Farbe: salt/bahamabeige
Rahmengrößen: 44, 49, 54 cm
Mehr Infos unter www.focus-bikes.de